Videostills

Ein umfangreiches, weiches Buch liegt in unseren Händen. Geeignet, um darin zu blättern, was automatisch seinem Sinn entgegenkommt. Dieser Band von diversen Videostills fordert uns auf, anzuhalten, nicht zu hinterfragen, herzuleiten, zu verstehen oder zu beurteilen. Unmerklich werden wir in die Flüchtigkeit des zeitlichen Geschehens entführt. Der bildnerische Gestaltungsprozess dieser losen Blätter ist auf ein Minimum geschrumpft. Wir begegnen einer Welt vorbei huschender Fetzen fragiler Augenblicke. Die Stills sind Tagebuchvideos entnommen, die Sigrid Crasemann während einiger Jahre im Atelier als Begleitmelodie ihrer künstlerischen Arbeit drehte. Die als schlichte Farbkopien mit einem einfachen Drucker hergestellten Blätter stehen in keinem sichtbaren zeitlichen Kontext. Es geht hier nicht um Wiedererkennung, Identifizierung oder Bewahrung, nicht um das absichtsvolle Festhalten bestimmter Momente oder gar das Verewigen von Vergangenem. Vielleicht sind diese Bilder ganz im Kontrast zu den zigtausend Fotografien um uns herum eben nicht um die Realität bemüht, was ja von der Fotografie behauptet und fatalerweise von nahezu allen Menschen geglaubt wird, sondern vermitteln uns genau das Gegenteil? Obwohl sie die Realität des jeweiligen Augenblicks in seiner stofflichen Erscheinung annähernd abbilden, berühren sie dadurch, dass sie uns vom Mysterium hinter den Dingen berichten. Hier wird die Offensichtlichkeit des Scheins tangiert, das Geheimnis von Maya. Die Künstlerin spricht davon, dass sie mit den Videos das Leben zerfilme, wie sie das Leben zertanze, zermale, zerschreibe. Dieses dicke Buch ist von geheimnisvoller, verblüffender Leichtigkeit.