Blog

Tagebuchblatt

 Tagebuchblatt, 13. November 2021

Zum Fürchten. Immer wieder.
Schrecklich dieses überfallartige Abgleiten in den Sog, den Ahnensog.
Begleitet mich das Erkennen dieser heftigen Dynamik nicht lange genug, als dass ich nicht endlich damit umgehen können müsste? Leider reicht das erkennende Wissen um das Schreckens-Gespenst aber bei weitem nicht aus, um sich nicht immer und immer wieder von ihm heimholen zu lassen.

Die Gefahr dieser uralten Thematik beobachten wir aktuell in riesigem Ausmaß. Die Sorge um ein Virus entwickelte sich in den letzten anderthalb Jahren zu einem Massenphänomen und hat sich zu einem weltweiten Horror-Szenario etabliert. Aus einer Vorsichtsmaßnahme  entstand die aus Angst getriebene Sucht, sich gegen ein Virus impfen zu lassen.
Aber dazu später in einem anderen Tagebuchblatt.

Der Ahnensog ganz persönlich im kleinen Alltag. Unbemerkt schleicht er sich in die Nischen der Unaufmerksamkeit, auch und besonders gern in den Nächten. Nach unruhigem Schlaf erwache ich in ängstlicher Depressivität. Mißmutig erkenne ich den Übeltäter, richte mich während der Morgentoilette wieder auf und begebe mich guter Dinge zum Frühstück.
Spätestens am Ende des wohlgesinnten Beieinander- Seins hat der mächtige Sogmich dann wieder in seinen Klauen. Nervös und erschlagen gehe ich grübelnd in den Tag. Das Wetter, der Impfwahn in Sachen Corona, die Verwandten, die Medien, meine Anlagen, das Alter, der Partner … Alle sind Schuld an meiner Befindlichkeit, nur nicht ich selbst. Dann erkenne ich im Ahnensog den Verbrecher und gebe mich geschlagen. 

Dieses Teufelswerk unserer christlich- abendländischen Prägung stellt mit Sicherheit ein Hindernis auf dem Weg zum inneren Frieden dar und wütet zurzeit mit großem Erfolg in meinen Mitmenschen. Allerdings weiß ich seit einiger Zeit ebenso sicher, dass wir ihm nicht widerstandslos ausgeliefert sind, dass in uns selbst die Verantwortung zu suchen ist, ihm auf die Schliche zu kommen. Wir können ihm sehr wohl etwas entgegensetzen, wenn wir uns nur dazu entschließen.

Unsere eingefahrenen Muster suchen nach Schuldzuweisungen. Figuren und Ereignisse, z.B. in unseren Familien, die wir nur allzu gern bemühen, um Krankheit, Leid und Kummer herzuleiten, gehören meist der Vergangenheit an: „Die Erziehung meines Vaters, die Gesundheit meiner Mutter, die harten Lehrer, die lange Krankheit in meiner Jugend …, usw. usw.“ Zur Stabilisierung meines Ego finde ich problemlos endlos viele Aspekte in meiner Umgebung und im Tagesgeschehen. Besonders gern bevölkern wir unsere Seele mit Figuren aus der Vergangenheit, die dann bedacht, gepflegt und kultiviert werden…, bis zum eigenen Untergang. Sie ist ihrer Mutter gefolgt, er starb für seinen Vater, der Junge hat sich für die Familie geopfert. Diese Art Lebenswege ereignen sich in uns ganz im Sinne des von der Moral der christlichen Kirche abgesegneten Ahnensogs. Das lebensfeindliche Konzept von Schuld und Sühne wirkt in uns bis heute.

Aber warum denn eigentlich. Warum machen wir nicht Schluss mit dem uns vernichtenden Entwurf und steigen einfach aus? Dieser Plan der Selbstsabotage ist ein Wahn, der entlarvt werden möchte! Unser Ego freut sich zwar über unsere braven Erfüllungsabsichten, aber der innere Frieden kann so nicht erlangt werden. Wir müssen durchschauen, dass wir es sind, die sich Figuren oder Begebenheiten suchen, denen wir die Verantwortung für unsere Schwäche unterschieben. Wir wollen offenbar gar nicht glücklich sein.

Das ist eine fundamentale Erkenntnis, die bereits Freud entdeckt hatte. Wenn wir uns dessen bewusst werden, dass wir die angebliche Schuld für das Verlassen des Paradieses in uns selbst sehen, ist eine Kehrtwende möglich. Wir haben keine Schuld. Wir sind als Gottes Kinder schuldlos und sind ohne Makel –  jeder von uns – jeder! 
Und zudem hat auch Gott uns nicht aus dem Paradies geworfen, da er als göttlicher Urgrund gar nicht strafen kann. Die wahnhafte Vorstellung, dass wir uns durch das Verlassen des Paradieses schuldig gemacht hätten, versetzt uns in Angst und Schrecken. Wir halten diese Angst nicht aus und so gehen wir auf die Suche, wo wir sie los werden können. Wir beginnen zu projizieren. Unsere Welt ist ein riesiger Teppich aus Projektionsmustern, gewebt aus Vorwurf, Kritik, Urteil, Hass, Mord und Krieg.

Ich will durchschauen, dass mein Ego keine Ruhe gibt, bevor ich ihm nicht auf den Leim gehe. In dieser Erkenntnis liegt meine Chance.
Ich werde mich dem göttlichen Plan fügen, dass ich ganz, schuldlos und ohne Sünde bin.