Himmelblau und die Nachtigall
Es war einmal ein kleines Mädchen
mit Augen, blau wie der Himmel.
Es trug ein luftiges Kleidchen
in den hellen Farben des Sommers.
Es hatte lange Beine
und einen schlanken, schönen Körper.
Das Mädchen liebte es zu malen,
zu singen und besonders zu tanzen.
Und wenn es hüpfte und sich drehte,
schimmerte sein feines Haar,
dass man meinte es wäre aus Gold.
Wegen all dieser Schönheiten erhielt unser kleines Mädchen
bald den Namen Himmelblau.
Eines Tages besuchte Himmelblau ihre liebe Großmutter,
die immer allerschönste Überraschungen für sie hatte.
Heute holte diese aus einer geheimen Kammer
einen goldenen Bauer, in dem ein Vogel auf einer Stange saß.
Die alte Frau drehte an einer schnarrenden Schraube,
der Vogel flatterte ein wenig,
seine Kehle vibrierte und entließ perlende helle Töne.
Himmelblau war gebannt von diesem Wunder.
Die Großmutter verriet ihr,
dass es eine Nachtigall sei.
Doch ganz plötzlich war der schöne Gesang vorbei
und der Vogel bewegte sich nicht mehr.
Es war nur eine Spieluhr.
Auf dem Heimweg musste Himmelblau lange
an die Nachtigall in dem goldenen Käfig denken
und bewegte den Zauber der Melodie
in ihrem Herzen.
Mit allen Dingen ging Himmelblau froh und behutsam um.
Sie war gut zu Pflanzen, Tieren und Menschen.
So lief das Leben des kleinen Mädchens
in geregelten kosmischen Bahnen.
Eines Tages aber geschah ein Unglück,
als Himmelblau von einer Brücke stürzte,
die sie, wie ein Wirbelwind sich drehend,
tanzend überqueren wollte.
So landete sie in der Notaufnahme,
und alle waren sehr besorgt um die Zukunft von Himmelblau.
Die Ärzte behandelten ihren verletzten kleinen Körper.
In der Dunkelheit der Nacht wurde sie
auf einer Krankenliege auf den Heimweg gebracht.
Hier geschah nun etwas Wunderbares:
Als sie über die Wiese zum Haus getragen wurde,
vernahm Himmelblau den feinen Klang einer Vogelstimme.
Sie erstarrte nahezu:
es war die Melodie des Vogels,
die sie in ihrem Herzen trug.
Und sie erkannte den lebensechten Gesang einer Nachtigall.
Kühlendes Quellwasser der hellen Töne
drang in ihren verletzten Körper.
Himmelblau spürte, wie sich im Goldregen
der jetzt schmetternden Vogelstimme
ihre Glieder erwärmten, dehnten und streckten.
Sie sprang von der Liege
und schaute hinauf zum Himmel.